Flexibilität bieten, Chancen nutzen - Integrationsfachdienst
An die 70 Gäste waren zu der Veranstaltung „Generation Z und die Arbeitswelt“ in der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz gekommen. Organisatoren waren die Katholische Jugendfürsorge Regensburg e. V. (KJF) mit dem Integrationsfachdienst Oberpfalz und den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) sowie die Handwerkskammer (HWK), die Industrie- und Handelskammer (IHK) und das ZBFS (Zentrum Bayern, Familie und Soziales).
Arbeitgeber beschäftigt das Thema „Generation Z“. Wie geht man als Arbeitgeber auf Bedürfnisse junger Menschen ein? Und wie können Arbeitgeber Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz bieten und sie erfolgreich in die Arbeitswelt integrieren? Auf diese und viele andere spannende Fragen gaben Expertinnen und Experten bei der Veranstaltung „Generation Z und die Arbeitswelt“ Antworten. Es geht darum, langfristig stabile Arbeitsverhältnisse anzubahnen und zu ermöglichen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, welche Werte und Bedürfnisse die Nachwuchskräfte haben. Das hilft Arbeitgebern, Auszubildende und Fachkräfte zu gewinnen.
Der Leiter des Integrationsfachdienstes und der EAA Oberpfalz, Vladislav Perkov, war Impulsgeber der Veranstaltung: „Ich erlebe in meiner Funktion tagtäglich, welche Potenziale Menschen mit Handicap haben und erfahre viel Positives im Umgang mit der Generation Z. Mit der Veranstaltung erhoffe ich mir mehr Offenheit, den gemeinsamen Dialog und dass alle motivierten Menschen Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen.“
Diversität als Chance
„Die Generation Z möchte sinnstiftend und produktiv arbeiten. Auf beides hat das Handwerk die perfekte Antwort. Mit 130 Berufen bietet das Handwerk viele spannende Herausforderungen. Die Betriebe sind kreativ und agieren jeden Tag aufs Neue flexibel und innovativ“, stellte Hans Schmidt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, in seiner Begrüßung heraus. Egal ob Generation X, Y oder Z, Menschen mit oder ohne Behinderung, Menschen aus dem In- oder Ausland - wer motiviert ist, findet im Handwerk den richtigen Weg“, so Schmidt weiter. KJF-Direktor Michael Eibl ergänzte: „Diversität in der Arbeitswelt bedeutet, dass alle Menschen ihre beruflichen Potenziale entfalten können. Doch wie kann es gelingen alle Seiten zufrieden zu stellen? Was braucht es dafür? Das wollen wir heute gemeinsam erörtern. Die KJF hat mit dem Integrationsfachdienst Oberpfalz und den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) Stellen eingerichtet, die gerne fachlich weiterhelfen, damit das Ergebnis stimmt.“
Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim, Dr. Jürgen Helmes erklärte: „Es werden der regionalen Wirtschaft trotz aktueller Konjunkturschwäche aufgrund der demografischen Entwicklung langfristig Arbeitskräften fehlen. Daher müssen die Unternehmen alle Potenziale nutzen. Das bedeutet in der Personalpolitik, sich auf verschiedene Zielgruppen und deren Bedürfnisse einzustellen – seien es nun die verschiedenen Generationen X, Y, Z etc. oder Mitarbeitende mit Handicap. Mit der Veranstaltung wollen wir gemeinsam mit allen Partnern auf die Chancen der Diversität in den Belegschaften hinweisen, aber auch Unternehmen und ihre Mitarbeitenden für die Sichtweise des jeweils anderen sensibilisieren.“
Kerstin Wimmer, Leiterin der Regionalstelle Oberpfalz der Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) in Regensburg stellte heraus: „Es braucht Flexibilität seitens der Arbeitgeber. Junge Menschen wägen genau ab, wie Job und weitere Interessen – etwa Freizeit oder Familie – in ihrem Leben ausreichend Berücksichtigung finden. Hierauf werden Arbeitgeber künftig reagieren und Rücksicht nehmen müssen, um auch in Zeiten des Fachkräftemangels freiwerdende Stellen besetzen zu können. Menschen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung brauchen ebenso ein Entgegenkommen der Arbeitgeber, damit es ihnen möglich ist, ihre Stärken und Fähigkeiten einzubringen. Die Situation beider Gruppen ist hier durchaus ähnlich. Das Inklusionsamt bietet in Zusammenarbeit mit vielen Netzwerkpartnern umfangreiche Unterstützung bei der Einstellung und der Sicherung von Arbeitsplätzen für Menschen mit einer Schwerbehinderung an.“
Julia Elena Punk, Psychologin M. Sc ., Leitung Personalentwicklung & BGM der KJF und Systemische Paar- & Familientherapeutin, referiert in ihrem Impulsvortrag „Generation X, Y, Z – Diversity und Inklusion in der Arbeitswelt“: „Generation Z – hoffnungslos, orientierungslos, bocklos? – energievoll, gefühlvoll, begeisterungsvoll, anspruchsvoll! Generationenkonflikte, mangelndes Verständnis für „die Jugend von heute“ und zum Teil tiefe Gräben zwischen Wert- und Normvorstellungen sind nicht neu. Jede Generation wird anders geprägt und sozialisiert. Jede Generation lernt von der vorherigen und übt sich spätestens ab der Pubertät in Abgrenzung und Entwicklung einer eigenen Identität. Vorurteile, Stereotype und Missverständnisse führen zu Frust auf beiden Seiten. Einigen Teams und Organisationen gelingt es aber, Brücken zu bauen, Verständnis zu schaffen und eine Kultur des Von- und Miteinanderlernens entstehen zu lassen. Wie das gelingen kann und was das mit Diversity und Inklusion zu tun hat, wollen wir gemeinsam im Dialog herausfinden.“
Und so kann es gelingen
Ein hervorragendes, praktisches Beispiel für ein gelungenes inklusives Arbeitsverhältnis lieferten im Anschluss an den aufschlussreichen Impulsvortrag Personalreferentin Julia Möslein und Recruiterin Patricia Lorenz von der WEINHUT GmbH in einem informativen Interview mit Vladislav Perkov. Patricia Lorenz hatte auf der inklusiven Jobmesse ein Job-Speed-Dating mit Andreas Weinhut, dem Geschäftsführer der WEINHUT GmbH. Schnell war beiden Seiten klar: das passt! „Damit alles richtig gut klappt, unterstützten uns Experten der Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) der KJF. Wir haben Patricia Lorenz aufgrund ihrer außergewöhnlichen Motivation, ihres Engagements und ihres ausgeprägten Lernwillens eingestellt“, so Personalreferentin Julia Möslein. Patricia Lorenz lebt mit einer Muskelerkrankung und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Das Büro der WEINHUT GmbH liegt im ersten Stock und ist noch nicht barrierefrei. Deshalb hat man bei WEINHUT folgende Lösung gefunden: Patricia Lorenz arbeitet vorerst vollständig im Homeoffice. Dabei profitieren beide Seiten von einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung sowie einer technischen Ausstattung, die optimal auf die Bedürfnisse von Patricia Lorenz abgestimmt sind. Patricia Lorenz arbeitet seit Oktober 2024 bei der WEINHUT GmbH und berichtete: „Ich habe durch die WEINHUT GmbH die Möglichkeit, meine Stärken voll einzubringen und trotz meiner körperlichen Einschränkungen in einem motivierenden Umfeld zu arbeiten.“
Abschließende Podiumsdiskussion
Während der von KJF-Direktor Michael Eibl moderierten Podiumsdiskussion erörterten Hans Schmidt (stellvertretender Hauptgeschäftsführer der HWK Niederbayern-Oberpfalz), Dr. Jürgen Helmes (Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim), Kerstin Wimmer (Leiterin der Regionalstelle Zentrum Bayern Familie und Soziales Oberpfalz), Peter Schillinger, (Geschäftsleiter der Schillinger GmbH) und Yasmin Rüdiger (Assistentin der Geschäftsleitung, FEYCOLOR GmbH) abschließend sowohl ihre persönlichen Erfahrungen als auch die Chancen und Herausforderungen, die das Thema mit sich bringt. So berichtete Yasmin Rüdiger: „Unser Unternehmen trägt Verantwortung alle Menschen bei uns mit einzubinden und in ihrer Entwicklung im Unternehmen zu begleiten – individuell nach ihren Bedürfnissen.“ Peter Schillinger lobte die Auszubildenden der Generation Z in seinem Betrieb: „Wir haben tolle Azubis und sagen ihnen das auch!“ Einige Ergebnisse der Diskussion waren zudem: Führungskräfte sind geforderter denn je, sich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zeit zu nehmen, Coaches sowie Begleiter und Begleiterinnen zu sein. Themen wie offene Kommunikation, Wertschätzung und Anerkennung werden immer wichtiger und sie werden von den Arbeitnehmern und den Arbeitnehmerinnen aktiv eingefordert. Bereits der Beginn der gemeinsamen Arbeitsbeziehung muss ein unkompliziertes, schnelles Kennenlernen sein – so beginnt manch erfolgreiche Zusammenarbeit mit einer kurzen Kontaktanfrage, die am Mobiltelefon aufleuchtet.
Das Fazit: Mit der nötigen Flexibilität und Offenheit seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht einer gemeinsamen „win-win“- Situation (fast) nichts im Wege – denn Menschen verbindet mehr, als sie trennt.
Text: Olga Arnstein