Der ifd, Ihr Partner bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung.

So kann ein neuer Arbeitsplatz entstehen.

Geglückte Inklusion: Durch „Unterstützte Beschäftigung“ Arbeitsstelle geschaffen

 

Regensburg – Um Punkt 8 Uhr tritt Oliver Rauh seinen Dienst bei der evopro AG in Regensburg an. In den nächsten vier Stunden nimmt er Pakete an, scannt Lieferscheine, legt sie ab, macht Botengänge und schraubt an Metall-Modellen. „Ich bin hier Mädchen für alles“, erklärt er stolz. Pünktlichkeit ist ihm wichtig, ebenso Genauigkeit bei der Arbeit. Der 29-Jährige ist Autist, eine Behinderung, die sein Denken und den Umgang mit anderen Menschen beeinflusst. Zudem ist er aufgrund eines Glasauges sehbehindert und leidet an Konzentrationsstörungen. Mit einem Grad der Behinderung von 80 schien der Arbeitsmarkt viele Jahre für ihn verschlossen. „Was ich auch versuchte, nichts hat geklappt“, erinnert er sich.

 

In einem Berufsbildungswerk lernte er Einzelhandelskaufmann, konnte jedoch beruflich nie Fuß fassen. Dass es nach 8 Jahren Arbeitslosigkeit geklappt hat, verdankt er der so genannten „Unterstützten Beschäftigung“.  „Es ist eine aufwändige Maßnahme, aber wir machen es uns bei der Integration von behinderten Menschen nicht einfach“, betont der Rehabilitationsberater Thomas Scharf von der Arbeitsagentur. Für Rauh wurde der Integrationsfachdienst Oberpfalz (ifd) der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. beauftragt, einen Arbeitsplatz zu suchen. „Normalerweise gibt es zuerst eine Stellenausschreibung und der Arbeitgeber erwartet, dass Bewerber alle Qualifikationen mitbringen“, erklärt die ifd-Beraterin Verena Ninding. „Wir aber mussten einen Arbeitgeber finden, der bereit war, eine Stelle den vorhandenen Fähigkeiten anzupassen.“

 

Jeder Topf findet seinen Deckel heißt es sprichwörtlich und im Fall von Oliver Rauh scheint sich dies bewahrheitet zu haben. „Er passt so richtig gut zu uns“, sagt der kaufmännische Leiter der Firma evopro AG Michael Fleischmann. Die Firma, die im Bereich Automatisierungstechnik tätig ist, hatte eine Stelle für eine Bürokraft ausgeschrieben, für deren Anforderungen sich die ifd-Beraterin interessierte. „Es war sofort klar, dass diese Tätigkeit für meinen Klienten nicht passend war“, sagt sie. Doch die Beraterin und der kaufmännische Leiter der Firma, bei der fast ausschließlich Ingenieure und Techniker arbeiten, waren im Gespräch.

 

Als Fleischmann berichtete, dass die Ingenieure der Firma oft komplexe Modell-Entwicklungen unterbrechen mussten, um Pakete anzunehmen oder Botengänge zu tätigen, sah die ifd-Beraterin ihre Chance gekommen. Sie schlug vor, diese Arbeiten in einem Praktikum von Herrn Rauh machen zu lassen. „Ich war nicht sicher, ob daraus mehr werden kann“, erklärt Fleischmann. „Ich dachte, wir haben nicht genug zu tun für einen Menschen mit seiner Behinderung. Aber prinzipiell waren wir offen für das Experiment.“ Mit Unterstützung durch die ifd-Beraterin bereitete er seine Mitarbeiter auf den neuen Kollegen vor, der eine „besonders geradlinige Denkweise“ hat, wie er es beschreibt.

 

Die Rechnung ging auf: „Die Mitarbeiter waren begeistert von ihm“, sagt Fleischmann. „Er nahm alle lästigen Arbeiten ab, die den Ablauf störten.“  Zudem überzeugte er durch eine nette Art und passte mit seinem trockenen Humor ins Team, ergänzt er. Schnell stand für den kaufmännischen Leiter fest, dass er eine Stelle schaffen wollte. „Wir wollten für ihn etwas tun.“ Gemeinsam mit dem ifd suchte er Aufgaben, die ausreichend für ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis waren. Seit 1. Mai arbeitet Rauh als Helfer in Teilzeit für die Firma. „Ich lasse mich leicht ablenken, benötige mehr Erklärungen und brauche für alles länger“, beschreibt er die Folgen seiner Behinderung. „Aber ich will mein Tempo steigern. Mir macht die Arbeit Spaß.“ Zur Entlastung der Firma unterstützt der ifd nach wie vor die Einarbeitung und ist regelmäßig im Betrieb, um die Arbeitsleitstung und den gesamten Ablauf noch zu verbessern.

 

„Möglich wurde das Arbeitsverhältnis durch die finanzielle Förderung“, betont Fleischmann. Aktuell wird ein Teil der Lohnkosten durch das Jobcenter übernommen. Danach hofft die Firma auf einen Minderleistungsausgleich für schwerbehinderte Menschen durch das Inklusionsamt. Da die Firma zudem einen Teil der Ausgleichsabgabe spart, die gesetzlich anfällt, wenn ein Unternehmen keine behinderten Menschen beschäftigt, rechnet sich das Arbeitsverhältnis. „Wir wollen sehen, ob wir noch mehr Aufgaben finden, um die Stundenzahl auszuweiten“, sagt Fleischmann. Nötig wäre der Führerschein, den der junge Mann bald in Angriff nehmen möchte.

 

Für Oliver Rauh wäre dies die Chance, seinen Lebensunterhalt trotz seiner Behinderung komplett selbst zu tragen. „Ich bin froh, nicht mehr zu Hause zu sitzen“, sagt er. Aktuell bleibe aufgrund der Stundenzahl nicht viel mehr Geld übrig als in Zeiten seiner Arbeitslosigkeit. „Aber ich fühle mich besser“, betont er. „Außerdem reicht das Geld nun zum Beispiel für einen Internet-Anschluss, so dass ich mit meinen Kumpels skypen kann.“

 

 

Oliver Rauh ist glücklich an seinem Arbeitsplatz. Sein Chef Michael Fleischmann und Verena Niding vom ifd sind glücklich, dass das Modell unterstützte Beschäftigung so gut klappt.

 

Text und Bild: Martina Groh-Schad.